Poesie

Stille Begegnung.

© Nelli H.

© Nelli H.

Dein Blick sucht mich noch immer, sucht mich noch immer heim.
Renne über leere, staubige Flure, um Häuserecken, renne mir die Seele aus dem Leib, um dir zu entkommen.
Doch du siehst mich, siehst mich ganz klar, egal wie weit entfernt ich von dir stehe.
Du siehst nicht durch mich hindurch, blickst nicht oberflächlich auf meine Innerstes. Du betrachtest es von jedem Blickwinkel aus. So genau, dass es mir anstatt zu gefallen, unheimlich ist, mich sogar in meinen Träumen verfolgt.
Kaum bin ich dir entkommen, tut sich der Boden auf, verschluckt mich, kotzt mich aus und stellt mich vor dir wieder auf. Langsam setze ich mich wieder zusammen, Schritt für Schritt, Pore für Pore. Meine Gedanken liegen frei vor dir, wie eine aufgeklappte Zeitung, die du nur zu lesen brauchst, egal wie viele Seiten fehlen, setzt du den Text Zeile für Zeile zusammen, sodass ich ganz unbedeckt vor dir stehe.          In jedem Moment unserer stillen Begegnung.

© Nelli H.

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Poesie

Kälte.

© Nelli H.

© Nelli H.

Wenn ich in deine Augen blicke, dann sehe ich… dann sehe ich nichts als Dunkelheit.
Voller Schwere senken sich deine Augenlider bei jedem Atemzug. Schneeflocken haben sich darin verfangen, tauen, fallen, landen. Sie landen sanft auf deinen Wangen, fließen seicht herunter, wie ein kummervoller Korn, eine Träne.
Und doch bin ich nicht sicher, ob sie nicht doch deine Tränendrüsen verlassen haben. Denn du schweigst, du schweigst so still. Würdigst mich keines Blickes.
Die Kälte lässt mich erschauern, deine und die des Windes.
In diesem Moment wird mir bewusst, dass unser Winter niemals enden wird. Weder jetzt noch in naher Zukunft. Er wird andauern bis wir erfroren sind. Erstickt von unseren Gedanken. Die sich schwerer niederlassen als alles andere.
Denn niemand getraut sich auszusprechen, wie kalt es um uns herum geworden ist.

© Nelli H.

 

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Poesie

Gedankenurlaub.

Gedanken, eingebettet in wolligem Geflecht.
Ruhen aus,
von diesem Weltenlärm.
Von dieser furchtbaren Zornesausbreitung.

Diese Unentschlossenheit mancher.
Lässt mich unruhig atmen,
lässt mich wellig werden.
Gedankenzerschmelzung.
Gedankenverlust.
Gehirnstopp.
Ganz sacht.
Zurückschieben,
den Gedankenstrom.

Umschlungen von beruhigendem poetischen Schwall,
nicke ich dieser Ruhe zu.
Sie wiegt mich ganz leise hin und her.
Bettet mich weich in dieser Stille.
Einzig der Wind umhüllt das Schweigen
mit einer sanften Symphonie.
Legt mich nieder, auf die Meeresmatratze.

Sie schwankt.
Ich falle.
Lande auf hartem Beton.
Autolärm.
Menschenhetze.
Arbeitsstress.
Sturmwarnung.

© Nelli Halter.

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Poesie

Blutrotes Pergament.

© Nelli H.

© Nelli H.

Vor mir liegend, blutrotes Pergament.
Deine Schrift wohnt darin, hat sich fein säuberlich darauf niedergelassen.
Ich möchte meinen Blick abwenden, möchte die Botschaft nicht lesen. Meine Augen nach rechts lenkend, um die kahle Wand zu betrachten, festigt der Blick sich nicht. Möchte weiterwandern, so lange, bis das Rot sich in den Pupillen spiegelt.
So dunkelrot, wandern die Worte meine Arme hinauf, hinterlassen blutrote Spuren, hinauf, nisten sich in meinen Gedanken ein.
Die Hände, sie haben sich verselbstständigt, haben stoisch nach dem Pergament gegriffen und halten es fest, so fest, dass meine Fingerkuppen ganz weiß werden.
Das Pergament ist schwer, es brennt wie Feuer in meinen Händen.
Jedes Wort lässt einen Fluss von Erinnerungen aus meinen Augen weichen. Doch niemals, niemals mehr wollte ich in jenen schwimmen.

© Nelli H.

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