Poesie

Du wirst immer bleiben.

Wenn das Leben aus dem Körper weicht,
ganz langsam, ganz sanft.
Dann ist das für die Verbliebenen alles andere als leicht.

Nichts wird mehr sein, wie es war.
Man sieht die Dinge nicht mehr so, wie man sie sah.
Fühlt sich leer, verloren, allein.
Wie kann das sein?
Eben warst du noch da,
nun bist du fort
und wirst nie wiederkehren.

Und doch wird deine Liebe in uns währen,
selbst wenn Erinnerungen die Seele versehren,
sie manchmal brechen – doch auch heilen,
uns trösten, wärmen und bei uns verweilen.

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Kurzgeschichten

Lass los.

„Verschwende keinen Gedanken mehr an die Vergangenheit. Sie ist vergangen, vergangen.“ Let it go.
Doch was ist, wenn die Vergangenheit dich mit ihren Pranken an Ort und Stelle hält – wie ein Schiff, das mithilfe eines Ankers im Hafen gehalten wird? Es kann sich zwar sanft hin und herbewegen, doch es verlässt den Hafen erst wieder, wenn jemand anderes darüber bestimmt.

Lass sie los, lass sie los. In meinen Schläfen pocht es – doch das Pochen ist nicht synchron mit meinem Herzschlag. Wie zwei Trommeln, die von verschiedenen Personen gespielt werden. Die Person, die man sein könnte und die, die man ist. Jetzt und hier.

Die Angst schlängelt sich meinen Körper entlang, bis zu meinem Hals, sodass er sich zuschnürt. Zuschnürt. Kaum noch Luft, die zum Atmen bleibt, aber gerade genug, um nicht zu ersticken. So verweile ich im vermeintlich sicheren Hafen, festgezurrt durch Gedanken und Erlebnisse, die sich vor mir abspielen wie auf einer Leinwand eines einladenden, geräumigen Kinosaals, der mit jeder Szene kleiner zu werden scheint, mich bedrängt, Schatten auf mir ablegt, die ich versuche abzustreifen. Sie sind nicht meine, nicht meine.

„Dieser Kampf ist sinnlos, sinnlos“, hämmert es repetitiv in meinen Gedanken. „Sinnlos, sinnlos.“ Immer lauter werdend versucht mich dieser Chor kleinzuhalten. Doch ich halte dagegen. Es mag an manchen Tagen vielleicht sinnlos erscheinen, doch das ist es nicht.

Dieser Anker wird immer da sein, energieraubend, vorwurfsvoll, negativ, voller Missgunst und Hass. Ich kann ihn nicht von mir trennen, nicht lösen, da er Narben hinterlassen hat, die so tief sind wie meine Seele. Doch was ich tun kann: Anlauf nehmen und von Bord springen. Meine Angst und meine Zweifel werden vom kühlen Nass weggespült.

Wenn Flammen von Verzweiflung und Hass auflodern, die nicht zu mir gehören, ist es meine Liebe, die dagegenhält.

„Niemals wieder fremdbestimmt“, denke ich und schwimme der Sonne entgegen, die am Horizont eins wird mit dem Meer.

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Poesie

Symphonie der Erinnerungen.

Wie eine wunderschön traurige Symphonie
fließen die Erinnerungen an dich.

Du hast uns zum Lachen gebracht,
wenn wir traurig waren,
uns Mut gemacht,
wenn wir Angst hatten,
hast gebannt unseren Erzählungen gelauscht,
bist mit uns um die Wette gerannt,
hast uns Fahrradfahren beigebracht.

Du hast unsere Augen zum Strahlen gebracht,
und uns so viel Wissen vermacht.
Du hast uns die Farben der Welt erklärt
doch seit dem du weg bist, ist so vieles verkehrt.
Mein Blick träumend verklärt
sucht dich in jedem Tag.

Und ganz besonders heute.

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Alltagsgedanken

Entf

Entf  – diese Taste würde ich manchmal gerne nutzen, um meinen Kopf zu formatieren. Einfach löschen. Gefühle löschen, Erinnerungen löschen, dich löschen.

Doch wenn es so einfach wäre, welche Herausforderungen hätten wir noch? All das zu durchleben, macht uns erst zu der Person, die wir sind und jeden Tag werden. All das zu durchleben, lässt uns wachsen.

Also traue ich mich und behalte alles, was ich kann. Worte, die verletzt haben; Worte, die unausgesprochen durch den Raum geistern und in mir; Szenarien, die ich mir täglich ausmale – und dazwischen der Wahnsinn, der sich Leben nennt – und du.


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Alltagsgedanken

Über Schwere und Glück.

Ich frage mich oft,
was du jetzt über mich sagen würdest.
Wärst du stolz auf den Weg, den ich eingeschlagen habe,
auf die Werte, die mir wichtig sind,
auf mein Wirken?

Ich denke oft an dich,
daran, wie wir Runde um Runde Karten gespielt haben.
An deine Freude über meine Freude, wenn ich gewonnen habe.

Ich vermisse sie oft
deine warmen beruhigenden Umarmungen,
bei denen ich immer dieses Gefühl von „Alles wird gut“ hatte.

Dein Lachen hallt noch immer in meinem Herzen,
auch wenn es schmerzt, wenn ich an dich denke
und meine Präsenz in der Vergangenheit versenke.

Ich frage mich oft, was dein letzter Gedanke gewesen ist.
Ob du glücklich gewesen bist.

Doch eines bin ich mir sicher,
du hast uns zu den glücklichsten Menschen gemacht,
wenn du Zeit mit uns verbracht hast.

Du hast uns Liebe, Güte und Empathie gelehrt
und uns so viele wundervolle Momente beschert.

Dafür danke ich dir auf ewig.  

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Poesie
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Poesie
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Poesie

Sprich aus, was brennt.

Dein Blick, so gestochen scharf, aufs Kleinste fixiert. Nimmt wahr, erinnert dich an dein gestriges Heute. Du riechst noch die Erinnerungen, als wären sie eins mit dir. Ein Teil deiner Haut, als würdest du alles noch mal erleben, spüren.
Du erinnerst dich daran, wie sie im leichten Schein an der Kante des Sofas saß und ihre Haare sanft auf ihr Gesicht fielen, während sie in ihrem Lieblingsbuch In meinen Träumen läutet es Sturm schmökerte. Ihr Gesicht, so makellos, diese sanften, weltoffenen Augen, die dich so oft an nichts denken ließen, da du einfach nur im Moment des Glücks versunken warst, um ihre Anwesenheit zu genießen. Mehr brauchtest du nicht. Du warst angekommen.
Doch gestern ist schon lange vorbei. Als du in das Zimmer tratst, hob sie den Kopf und umfasste dein Wesen mit einem ernsten Blick, der nichts Gutes zu verheißen hatte. Du wusstest schon lange, tief in deinem Innern, dass dieser Moment bald kommen würde, du spürtest die Distanz, die von Tag zu Tag größer wurde, drückender, bis ihr in zwei ganz anderen Welten zu Hause wart.
Während du sie betrachtetest, prasselten Gedanken auf dich ein, Dinge, die du sagen könntest Mein Zuhause ist kein Ort, das bist du – doch du bleibst stumm, da du weißt, dass sie ihre Entscheidung schon vor einiger Zeit getroffen hat. Doch heute, ja, da wünschtest du, du hättest ausgesprochen, was dir auf der Seele brannte und noch immer brennt, um nicht zu sagen, du bist noch immer Feuer und Flamme.

Ich bin riesig, aber du viel größer als ich.
Alles jetzt, alles wichtig,
aber wichtiger als du ist mir nichts.

Singst du in Gedanken und bist weit entfernt vom Heute. Im Damals verweilend, als ihr zu diesem Song eng umschlungen vor der Bühne standet und deine Welt noch in Ordnung war.

© Nelli H.

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Poesie

Miss you so much.

Heute, ein wundervoller Tag, sonnendurchflutet, Vogelgezwitscher, Leichtigkeit.
Und doch zieht sich eine gewisse Schwere durch diesen Tag, denn heute vor 14 Jahren bist du von uns gegangen, bist friedlich eingeschlafen, hast diese Welt verlassen, hast uns verlassen. Für dich war es jedoch eine Erlösung, da dein Körper immer schwächer wurde, geschlaucht durch die sich immer wiederholende Dialyse. Sei dir gewiss, dass wir dich jeden Tag vermissen, deine wundervolle Seele, dein Lachen, deine Gutmütigkeit, du warst uns stets ein guter Freund, ein guter Zuhörer, ein guter Ratgeber, ein Lehrer, hast nicht selten die Rolle unseres Vaters eingenommen, du warst der beste Opa, den man sich nur wünschen konnte.
Heute, 14 Jahre nach deinem Tod, stehen wir nun hier, mein Bruder und ich, vor deinem Grab und sind beide in Gedanken versunken, erinnern uns an Momente mit dir, an Dinge, die du sagtest, an dein wundervolles Lachen, das uns jedes Mal ansteckte. Kurz bevor du gegangen bist und schon wusstest, dass du bald gehen würdest, sagtest du mir immer und immer wieder, dass wir nicht weinen sollen, wenn du nicht mehr unter uns weilst. Kullern in diesem Moment Tränen über mein Gesicht, ist es nicht nur Trauer, die da spricht, sondern endlose Dankbarkeit dafür, dass du ein großer und wichtiger Teil in unserem Leben gewesen bist, eine Bezugsperson, an die wir uns immer wenden konnten, die uns aufgefangen hat, wenn wir mal traurig waren. Endlos dankbar bin ich dafür, dass du uns geprägt hast. Mit schwerem Herzen mache ich mich auf den Rückweg, der Friedhof hinter mir wird immer kleiner und kleiner, ich besinne mich auf deine Aura, die du hattest und mir wird warm ums Herz. Ich schaue mich um, sauge die Schönheit der Natur auf, ein wohliger Rosenduft liegt in der Luft und begleitet mich bis zur Haustür, es scheint mir, als würden sich gerade die schönen Dinge in meiner Umgebung hervortun, weil du es bist, der mich gerade umgibt. Denn ich weiß, du willst nichts mehr, als das wir glücklich sind und so lasse ich die Schwere los und tanze mit den Erinnerungen an dich.
Wir tragen dich in unserem Herzen, überall wo wir sind, bist auch du. Immer noch Teil unseres Lebens und wirst es immer sein.

© Nelli H. 

 

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Poesie

Du betrachtest deine Gedanken von Nahem.
Sie sprudeln, sprudeln aus deinen Adern.
Schäumen sich auf.
Du verschwindest hinter warmem Dunst.
Das Atmen fällt dir schwer, fast erdrückt
von den Dingen, die verborgen auf dich lauern.
Ziehst du dich zurück, weit nach hinten.
In eine dunkle Ecke,
in der eine Box steht,
die alles gespeichert hat.
Alles, was du gesehen, gefühlt, erlebt hast.
Manchmal öffnet sie sich
und lässt Erinnerungsfetzen hinausgleiten,
die sich ganz langsam durch
deine Schädeldecke bohren
und sich festsaugen
so fest,
dass du sie
gar nicht mehr loswerden kannst
Gerüche schlängeln sich durch deine Nase
und lassen Bilder entstehen,
die so bunt, so chaotisch,
so hell erscheinen
dass du deine Augen kurz zusammenkneifen musst
Geräusche dringen an dein Ohr,
die dich zusammenzucken lassen
Schreie, die immer und immer wieder widerhallen
so laut, das du ins Wanken gerätst.
Ein Kälteschleier legt sich
um deine rissige Haut,
die aufzureißen droht,
solltest du nur eine Faser deines Körpers bewegen.
Daher stehst du,
gefesselt von dir selbst
einfach nur da
in der Hoffnung
all das würde sich verflüchtigen
genauso schnell
wie es gekommen ist
Manchmal muss man sich selbst fesseln
bevor man wieder frei atmen.
Sich frei bewegen.
Angstfrei sehen kann.
Frei sein kann.

© Nelli H. 

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