Alltagsgedanken, Poesie

Zusammen wird Schweres leichter.

Irgendetwas wärmt mein Gesicht. Also öffne ich meine Augen. Ein Sonnenstrahl erhellt meine linke Gesichtshälfte, doch erfüllt mich nicht. Wie in Ketten liege ich in meinem 2×2-Meter-Bett, in dessen Mitte ich mich vor Stunden – oder waren es Tage? – ausgestreckt habe. Seitdem liege ich hier, gedankenversunken, gar darin ertrunken. Welten prasseln auf mich ein, Familien, die sich bekriegen; Paare, die am Ende Fremde sind; Kinder, die bitterlich weinen, weil sie ihre Eltern verloren haben; Kriege, die andauern, ohne, dass ein Ende in Sicht ist; Menschen, die auf ihren eigenen Vorteil aus sind und dafür über Leichen gehen. War die Welt schon immer so? Oder ist das der Wandel der Zeit? So viel Hass, Neid, Gier, Missgunst – all das lähmt mich, frisst mich auf. Wenn ich könnte, würde ich wie ein Feuerball explodieren und all das Dunkle auf dieser Welt auslöschen. Aber würden wir dann all das Gute noch wertschätzen, wenn es allgegenwärtig wäre?
Um zu überprüfen, ob mein Körper noch funktioniert, bewege ich beide Daumen in rhythmischer Schwere, dann folgen die Zeigefinger, dann die Mittelfinger, Ringfinger und die kleinen Finger. Jeder einzelne sträubt sich nicht, folgt meinen Impulsen. Wäre bereit den Tag anzugehen, ihn zu begrüßen, Dinge zu erschaffen. Doch was bringt das eigentlich? Was hat das alles für einen Sinn? In kitschigen Filmen gibt es immer Happy Ends, Daredevil besiegt Kingpin, Spiderman nimmt es mit dem Grünen Kobold auf, als hinge das Schicksal der Welt davon ab. Alles scheint so einfach, so klar verteilt – Gut gegen Böse, Licht gegen Dunkelheit.

Doch wie bekämpft man das Böse, das so viele Gesichter hat und an jeder Ecke lauert? Kein Superheldenanzug, keine Netzschleuder werden mir dabei helfen. Und doch, wie all die Helden, besinne ich mich auf das, was zählt: den Glauben an das Gute. Daran, dass Liebe stärker ist als Hass, dass Mitgefühl lauter ist als Gleichgültigkeit, dass ein ehrliches Lachen mehr verändern kann als tausend Worte.

Ich entscheide mich, aufzustehen, denn das Leben verdient es, gelebt zu werden. Jeder Moment ist einzigartig und hinterlässt Spuren in uns, formt uns, begleitet uns, macht uns zu der Person, die wir sind. Jeden Tag können wir uns dafür entscheiden, gut zu sein, unsere Mitmenschen zu achten, zu unterstützen, wo wir können, zu leuchten und die Dunkelheit auf dieser Welt zu mindern, kleinzuhalten. Das Leben ist eine wundervolle Reise – mit Fröhlichkeit, Lachen, Liebe, Wohlwollen, Zuversicht, Optimismus. All das möchte ich beschützen. All das möchte ich mehren. Mit dir an meiner Seite. Denn dann kann selbst die schwerste Last an Gewicht verlieren.

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Alltagsgedanken

Über Schwere und Glück.

Ich frage mich oft,
was du jetzt über mich sagen würdest.
Wärst du stolz auf den Weg, den ich eingeschlagen habe,
auf die Werte, die mir wichtig sind,
auf mein Wirken?

Ich denke oft an dich,
daran, wie wir Runde um Runde Karten gespielt haben.
An deine Freude über meine Freude, wenn ich gewonnen habe.

Ich vermisse sie oft
deine warmen beruhigenden Umarmungen,
bei denen ich immer dieses Gefühl von „Alles wird gut“ hatte.

Dein Lachen hallt noch immer in meinem Herzen,
auch wenn es schmerzt, wenn ich an dich denke
und meine Präsenz in der Vergangenheit versenke.

Ich frage mich oft, was dein letzter Gedanke gewesen ist.
Ob du glücklich gewesen bist.

Doch eines bin ich mir sicher,
du hast uns zu den glücklichsten Menschen gemacht,
wenn du Zeit mit uns verbracht hast.

Du hast uns Liebe, Güte und Empathie gelehrt
und uns so viele wundervolle Momente beschert.

Dafür danke ich dir auf ewig.  

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Poesie

Loslassen.

Mein Blick ist darauf geheftet,
was deine zittrige Hand geborgen umschmiegt
Deine Hand, die so stark zittert,
das die Angst, der Luftzug könne die Wörter zerstören,
die du einengend mit deinen pulsierenden Fingerspitzen umschlingst,
meine Kehle zuschnürt.
Worte, die sich aus meiner Mundöffnung schlängeln
sind kaum noch ein Flüstern
Würde der Dunst der Kälte
nicht Beweis dafür sein,
das sich etwas Gesagtes in der Luft befindet,
würden wir es beide nicht glauben.
Die seichte, seichte Winterbrise dieses ausgesprochenen Widerhalls
stößt
stößt
so
stark hervor
das unser beider Herz einen Satz nach oben macht
Lass die Angst, die Beklommenheit zurück
und niemals zurückkehren
Unser Lachen erhellt die ganze Welt
unsere Welt
Endlich schaffst du es, den Zettel loszulassen,
weil du nun endlich glaubst, was die Worte dir sagen
Du musst dich nicht mehr selbst überzeugen, dass es wahr ist.
Denn du weißt es.
Du zündest ihn an, damit du den ganzen Ballast ziehen lassen kannst,
der deine Schultern und dein ganzes Wesen erdrückte

Die sanfte Wärme steigt auf,
unsere Herzen leuchten
und schlagen im Takt des friedvollen Klangs
der Freiheit

Noch einmal blickst du hinunter,
auf die Asche, die schon längst vom Winde fortgetragen wurde.

Es ist überstanden.

© Nelli H. 

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