Kurzgeschichten

Lass los.

„Verschwende keinen Gedanken mehr an die Vergangenheit. Sie ist vergangen, vergangen.“ Let it go.
Doch was ist, wenn die Vergangenheit dich mit ihren Pranken an Ort und Stelle hält – wie ein Schiff, das mithilfe eines Ankers im Hafen gehalten wird? Es kann sich zwar sanft hin und herbewegen, doch es verlässt den Hafen erst wieder, wenn jemand anderes darüber bestimmt.

Lass sie los, lass sie los. In meinen Schläfen pocht es – doch das Pochen ist nicht synchron mit meinem Herzschlag. Wie zwei Trommeln, die von verschiedenen Personen gespielt werden. Die Person, die man sein könnte und die, die man ist. Jetzt und hier.

Die Angst schlängelt sich meinen Körper entlang, bis zu meinem Hals, sodass er sich zuschnürt. Zuschnürt. Kaum noch Luft, die zum Atmen bleibt, aber gerade genug, um nicht zu ersticken. So verweile ich im vermeintlich sicheren Hafen, festgezurrt durch Gedanken und Erlebnisse, die sich vor mir abspielen wie auf einer Leinwand eines einladenden, geräumigen Kinosaals, der mit jeder Szene kleiner zu werden scheint, mich bedrängt, Schatten auf mir ablegt, die ich versuche abzustreifen. Sie sind nicht meine, nicht meine.

„Dieser Kampf ist sinnlos, sinnlos“, hämmert es repetitiv in meinen Gedanken. „Sinnlos, sinnlos.“ Immer lauter werdend versucht mich dieser Chor kleinzuhalten. Doch ich halte dagegen. Es mag an manchen Tagen vielleicht sinnlos erscheinen, doch das ist es nicht.

Dieser Anker wird immer da sein, energieraubend, vorwurfsvoll, negativ, voller Missgunst und Hass. Ich kann ihn nicht von mir trennen, nicht lösen, da er Narben hinterlassen hat, die so tief sind wie meine Seele. Doch was ich tun kann: Anlauf nehmen und von Bord springen. Meine Angst und meine Zweifel werden vom kühlen Nass weggespült.

Wenn Flammen von Verzweiflung und Hass auflodern, die nicht zu mir gehören, ist es meine Liebe, die dagegenhält.

„Niemals wieder fremdbestimmt“, denke ich und schwimme der Sonne entgegen, die am Horizont eins wird mit dem Meer.

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Poesie

Dämonen vergangener Zeiten,
suchen dich,
suchen dich heim.
Ertränken dich,
lassen Schleier zurück.
Jeden Tag gehst du ein Stück näher zum Licht.
Doch traust du dich nicht.
Fürchtest Verbrennungen deiner Seele.
Die tiefer reichen, als du dir vorstellen kannst.
Doch musst du dir klar machen,
dass du dich heilen kannst.
Jeden Tag kannst du dich für dein Glück,
für Zuversicht, für Optimismus entscheiden.
Du kannst stark sein.
Du hast es bis hierhin geschafft.
Bis hierhin.
Jedes Mal aufs Neue hast du gekämpft,
wieso solltest du jetzt damit aufhören?

© Nelli H. 

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Poesie

Farbengewirr.

© Nelli H.

© Nelli H.

Erinnerungen
unaufhörlicher Wasserfall.
Plätschern.
Lassen meinen Herzschlag rasen.
Rasen vor Wut,
vor Freude,
vor Angst,
vor Melancholie.

Meine Füße berühren das seichte, warme und doch kalte Wasser.
Saugen auf, was sie vergessen hatten, die langen Wege, die sie einst gegangen waren.
Die langen Pfade, die sie durchquerten, Dinge sahen,
die von unendlicher Schönheit geprägt waren,
lehrten, wie es sein könnte.

Dinge, die so scheußlich waren, dass man sie nur halb wahrnahm, aus Selbstschutz.
Dinge, die ein lebendes Herz in ihre Hände nahmen und es so sehr zerquetschten, dass sein Rhythmus unruhig wurde.
Erdrückt vom Leben.

Den Blick beim seichten Fall nach oben gerichtet, den Bäumen, dem Leben entgegen.
Sonnengewärmter Wind, der leicht meine Haare hebt, dem Himmel entgegen.

Ein Blick in dein Gesicht lässt mich zurückreisen, verstehen,
wie es einst für dich gewesen ist.

Wie sehr du es verinnerlicht hast.
Es jedoch nie gezeigt hast.
Auch du ließest dein Herz unruhig werden.
Nicht wissend, was du willst, was du sollst, was du darfst,
hast du beizeiten im Stillstand verharrt.

Deinen Blick auf die Welt gerichtet und so getan als seist du woanders, wohl wissend, dass wir nicht verlassen konnten, was uns so wichtig war und uns gleichzeitig zerstörte.

Den Körper eintauchend in den nun kaltgewordenen, rauschenden Zustand des Lebens,
erlöschen die Farben der Welt,
lassen mich eintauchen in das Grau von damals.
Der Versuch, zu verhindern, dass sich das Grau mit den Farben von heute mischt, ein langwieriger Prozess und doch unmöglich.

An manchen Tagen blicke ich in dein Gesicht,
das mir so viel bedeutet,
und merke, dass du deinen Rhythmus wiedergefunden hast.
Diese Tage werden häufiger werden.
Sie müssen.

© Nelli H.

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