Poesie

Suche.

Strauchelnd tänzelst du durch die leergefegten Straßen,
der Boden verschwimmt und zittert.
Deine Beine halten nicht immer Stand und betten dich
auf dem grauen, harten Grund.
Doch getrieben von der Suche,
erhebst du dich jedes Mal erneut.
Auf der Suche.
Du weißt nicht wonach.
Doch du weißt, dass du dich bewegen,
dass du was tun musst.
Dein Atem ist unregelmäßig,
du schnaufst.
Deine Augen wandern hektisch umher,
du suchst.
Nach etwas, das dich wärmt und hält,
etwas, an das du dich anlehnen kannst.
Nur für einen Moment.
Doch als du glaubst, du hättest etwas gefunden,
fängt es in deinem Innern zu schneien an.
Du brauchst eine Pause, willst nicht mehr suchen.
Lässt dich auf den inzwischen weiß gewordenen Boden nieder.
Schließt kurz deine Augen und verharrst in der Stille der Nacht.
Als sich der Schlaf ausbreitet, wird dein Atem regelmäßig.
Licht und Freude ziehen sich durch deine Träume.
Wenn du Glück hast, wirst du angekommen sein,
sobald du die Augen wieder aufschlägst.

© Nelli H.

Standard
Poesie

vermissen

Mit offenen Augen durch den Dunst des Tages.
Manchmal verlaufen, manchmal stillstehend,
dem Gesang der Nacht lauschen und
dem Tanz der Sterne beiwohnen.
Gedanken, die wandern. Die wandern.
Zu dir. Zu dem Moment, an dem du noch neben mir saßt.
Mit deinen Händen über meinen Arm gestreift
und mir leise flüsternd von dem Geheimnis des Lebens erzählt hast.
Du sagtest, dass wir nicht weinen sollen,
wenn du nicht mehr da bist.
Wenn du Teil der tanzenden Sterne geworden bist.
Doch immer wieder rollen sie hinab,
in den Momenten, die in der Stille des Tages,
lauthals nach dir rufen.
Deine Stimme vermissen,
dein Lachen,
deine endlose Liebe.
Alles, was du für uns gewesen bist.
Ein herzensguter Mensch, der niemals im Stich ließ.
Der stets mit festem Schritt nach vorne ging,
um dem Teufel die Hörner abzuschlagen.
Unser Fels in der Brandung.
Unser Ruhepunkt.
Unsere Zuflucht.

© Nelli H.

Standard
Poesie

Hoffnung.

Midnight in Paris.

Wimpernschlag.
Ein Knistern.
Schritte,
die verhallen
in der Kälte der Nacht.
Der Schnee geschmolzen,
dämmt schon lange nicht mehr
die hastigen Bewegungen.
Ein einsamer Mann
sitzt auf dem nassen Straßenrand.
Er zählt die wenigen
Punkte am Himmel.
Er zählt langsam, sehr genau,
fast schon pathetisch.
Theatralisch hebt und senkt er die Arme,
spielt mit seiner Mimik
während er nach oben blickt.
Er redet viel über Sternenbilder,
über Licht und Schatten.
Wendet seinen Blick des Öfteren nach links.
Spricht als erwarte er manchmal eine Antwort.
Zieht die Worte lang, die fast schon melodisch seine Lippen verlassen.
Immer wieder hebt er den Blick gen Himmel,
dann wieder zurück zu der Person,
die in seinen Gedanken anwesend zu sein scheint.
Er erhebt sich, beugt seinen Arm, als würde er jemanden stützen
und läuft sanften, langsamen Schrittes.
Einmal scheint es, als würde seine Erinnerung stolpern,
denn er bewegt sich schnell nach vorn und greift mit seinen Händen nach der kalten Luft.
Er scheint erleichtert als beide wieder stehen.
„Du bist alles für mich.“
Seine Worte sind voller Liebe.
Sein Gesicht erhellt sich, er lacht.
Seine Stimme wird lauter,
mit beiden Händen umfasst er seine Hoffnung.
Alles, was ihm geblieben ist.
Blickt sie direkt an und wiederholt:
Du.
Bist.
Alles.
Für.
Mich.

Alles.

© Nelli H.

Standard
Poesie

Rasender Stillstand.

© Nelli H.

© Nelli H.

 

Manchmal,
rasende Zeit.
Sie rast.
Sie rast.
Über Flure
Über Brücken
Über Wiesen
Über uns.
Fegt über melancholische Gedanken hinweg,
als wären sie nichts.
Als wären sie nicht wichtig.
Als würden sie uns nicht leben lassen.
Manchmal macht sie uns rasend,
so rasend, dass wir vor Wut uns selbst vergessen.
Alles um uns herum.
Kurz im Stillstand verharren.
Tief einatmen.
Die schwere Luft schnell wieder ausatmend,
verlieren wir uns im rasenden Stillstand der Zeit.

© Nelli H.

Standard
Poesie

Ohne dich wären wir nicht.

Herzschlag
setzt aus
wenn du es sagst

wenn du sagst
dass wir
dass wir

besser dran wären
wenn du nicht
mehr wärst

doch die wahrheit
die wahrheit ist
wir wären

noch weniger
als wir jetzt sind
wären hinter

uns selbst verborgen
wären verloren
in den worten

der anderen
würden noch weniger
leben

als wir es jetzt tun
könnten uns nicht mehr halten
an den dünnen fäden

des vergangenen
die die luft abschnüren
würden noch mehr daran setzen

die fassade aufrechtzuerhalten
würden noch mehr tun
was wir nicht sind

noch mehr sagen
was wir nicht so meinen
einfach nur des lebens wegen

Ohne dich wären wir
nicht.

© Nelli H.

Standard
Poesie

Farbengewirr.

© Nelli H.

© Nelli H.

Erinnerungen
unaufhörlicher Wasserfall.
Plätschern.
Lassen meinen Herzschlag rasen.
Rasen vor Wut,
vor Freude,
vor Angst,
vor Melancholie.

Meine Füße berühren das seichte, warme und doch kalte Wasser.
Saugen auf, was sie vergessen hatten, die langen Wege, die sie einst gegangen waren.
Die langen Pfade, die sie durchquerten, Dinge sahen,
die von unendlicher Schönheit geprägt waren,
lehrten, wie es sein könnte.

Dinge, die so scheußlich waren, dass man sie nur halb wahrnahm, aus Selbstschutz.
Dinge, die ein lebendes Herz in ihre Hände nahmen und es so sehr zerquetschten, dass sein Rhythmus unruhig wurde.
Erdrückt vom Leben.

Den Blick beim seichten Fall nach oben gerichtet, den Bäumen, dem Leben entgegen.
Sonnengewärmter Wind, der leicht meine Haare hebt, dem Himmel entgegen.

Ein Blick in dein Gesicht lässt mich zurückreisen, verstehen,
wie es einst für dich gewesen ist.

Wie sehr du es verinnerlicht hast.
Es jedoch nie gezeigt hast.
Auch du ließest dein Herz unruhig werden.
Nicht wissend, was du willst, was du sollst, was du darfst,
hast du beizeiten im Stillstand verharrt.

Deinen Blick auf die Welt gerichtet und so getan als seist du woanders, wohl wissend, dass wir nicht verlassen konnten, was uns so wichtig war und uns gleichzeitig zerstörte.

Den Körper eintauchend in den nun kaltgewordenen, rauschenden Zustand des Lebens,
erlöschen die Farben der Welt,
lassen mich eintauchen in das Grau von damals.
Der Versuch, zu verhindern, dass sich das Grau mit den Farben von heute mischt, ein langwieriger Prozess und doch unmöglich.

An manchen Tagen blicke ich in dein Gesicht,
das mir so viel bedeutet,
und merke, dass du deinen Rhythmus wiedergefunden hast.
Diese Tage werden häufiger werden.
Sie müssen.

© Nelli H.

Standard
Fotografie, Poesie

Knospe.

© Nelli H.

© Nelli H.

Schwarze Flüsse.
Durchwaten.
Färben ab.
Die Haut
immer dunkler.
Pechschwarz.

Knospen der Verzweiflung,
tief verwurzelt mit der Vorstellung.
Der Vorstellung von dir.
Davon, dass.

Durchwate ihn eilig.
Renne, doch hält mich etwas.
Schwarze Tinte verteilt.
Hat Worte hinterlassen.
Die sich schlängeln.
Auf jeder Faser meiner Haut.

Funkeln der Nacht prassen herab.
Verbrennen sie.
Hinterlassen tiefe Linien.
Gedanken.
Die gehen nicht.
Umkreisen dich.
Gierig.
Fordern dich.
Überfordern dich.

Knospen der Angst,
tief verwurzelt mit der Vorstellung.
Der Vorstellung von dir.
Davon, dass.

Bleibe stehen.
Habe es aufgegeben.
Lasse mich umschlingen.
Von dem Dunkel.
Lass es mich
niederreißen.
Es brennt wie Lava.
Tiefgehend schmerzlich,
lässt meine Augen sich schließen.
Umso mehr fühlt die Seele,
was sie nicht soll,
was sie nicht darf.

Die Vorstellung.
Von dir.
Dass.
Macht mich hilflos.

Marionettenartiges Aufrichten.
Die Last tröpfelt,
milimeterweise.
Meine sich öffnenden Augen,
vernehmen sie,
Knopsen
der Zuversicht,
die sich langsam öffnen.

Atme gehetzt.
Will aufsaugen,
was noch nicht ist.
Will spüren,
was so fern scheint.

© Nelli H.

Standard